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Elternzeit kann Unternehmen schaden

Um qualifizierte und motivierte Fachkräfte zu gewinnen, setzen manche Firmen auf Großzügigkeit beim Sabbatical, wie ich hier vor zwei Wochen geschrieben habe. Aber es geht noch mehr: Unternehmen nämlich, die auch bei der Elternzeit extrem großzügig sind. Medien berichteten vor kurzem über eine US-amerikanische IT-Firma, deren deutsche Niederlassung ihren Beschäftigten sechs Monate Elternzeit bei Weiterzahlung des vollen Gehalts anbietet. Ein ziemlich großes Geschenk! So groß ist schon die buchstäbliche „Not am Mann“, die händeringende Suche nach Mitarbeitern.

Kleinere oder mittelständische Unternehmen, die nicht über Milliarden-Umsätze oder Millionen-Gewinne verfügen, können bei diesem Rennen kaum mithalten. Außerdem gibt es bei der Elternzeit einige (arbeits-)rechtliche Stolpersteine, die einen 30- oder 50-Mann-Betrieb schnell in Bedrängnis bringen kann.

Das fängt schon beim Rechtsanspruch auf Elternzeit an. Ich begrüße das grundsätzlich, und ich verstehe das Ziel des Gesetzgebers, Familien zu entlasten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern und mehr – vor allem männliche – Beschäftigte zur Kinderbetreuung zu bewegen. Aber Rechtsanspruch heißt: Der Arbeitgeber hat keine Handlungsfreiheit. Und wenn ein Arbeitnehmer Elternzeit beantragt, fehlt er. Dabei ist es ein Unterschied, ob jemand in einem Unternehmen mit 2.000 Beschäftigten Elternzeit nimmt oder in einem Betrieb mit 15 Leuten.

Stolperstein Nummer 2: Beschäftigte, die Elternzeit nehmen, erhalten ab Antragstellung einen besonderen Kündigungsschutz. Das ist zunächst einmal verständlich. Doch dieser Kündigungsschutz gilt schon in der Probezeit. Und das ist völlig unverständlich. Da ist dem Gesetzgeber bei schnellen Stricken seiner Vorgaben ein Fehler unterlaufen. Im Klartext heißt das nämlich: Ein Mitarbeiter, der nicht fit ist für den Job, der in der Probezeit feststellt „Das ist nicht das Richtige“, kann sich für die nächsten 12 Monate in eine gesetzlich manifestierte und steuer-finanzierte Auszeit retten. Und nach den 12 Monaten startet er erst einmal wieder in dem Betrieb, der schon in der Probezeit feststellte, dass der Mitarbeiter nicht passt. Das Unternehmen hat in diesem Fall keine Manövrier-Möglichkeiten.

Nichts gegen die Elternzeit. Sie ist eine großartige Idee, und ich kenne viele Beschäftigte, für die dieses Programm eine wichtige Chance bietet. Die Interessen der Unternehmen sind allerdings übersehen worden. Es ist schließlich keine soziale Wohltat, wenn ich einen Mitarbeiter einstelle, sondern ich brauche ihn für die Arbeit, die ich ihm gebe (Arbeitgeber) und die er übernimmt (Arbeitnehmer). Ein Familien-Förder-Programm kann nur funktionieren, wenn beide Interessen gleichermaßen berücksichtigt werden.

Bei Elternzeit und anderen Auszeit-Modellen ist es wichtig, dass Arbeitgeber weiter planen können. Wer übernimmt welche Projekte? Wie kann ich welche Stellen besetzen? Kann ich Aufträge erledigen? Kunden zufriedenstellen? Das Unternehmen erhalten? Angesichts von Unwägbarkeiten bei der wirtschaftlichen Entwicklung und der fehlenden Zahl qualifizierter Fachkräfte ist diese Planungssicherheit in Unternehmen ein hohes Gut. Sie müsste gestärkt werden.

Ihr Joachim Lang