Allgemein

Wenn Selbstzweifel die eigene Arbeit hemmen – und wie wir sie lösen können

Einige Unternehmer, Geschäftsführer und Personalleiter, die ich berate, berichten gelegentlich von einem Phänomen, das ihnen bei Mitarbeitern begegnet: Selbstzweifel und mangelndes Vertrauen in die eigene Arbeit. Zuletzt, erzählte mir der Teamleiter eines Maschinenbau-Unternehmens, sei ihm das in einem Jahresgespräch aufgefallen.

Selbstzweifel und mangelndes Vertrauen in die eigene Arbeit kann verschiedene Ursachen haben. Allerdings sind die Folgen fast immer die gleichen: die eigene Arbeit stockt, die betroffenen Beschäftigten fühlen sich blockiert und können nicht mehr die richtige Motivation aufbringen. Oft können Depressionen oder Burnout aus anfänglichen Zweifeln hervorgehen.

Die eigene Arbeit zu reflektieren ist positiv

Dass man selbst einmal an seiner Arbeit zweifelt, nicht zufrieden ist, die aktuelle berufliche Tätigkeit infrage stellt, das ist nichts Ungewöhnliches. Es ist ganz im Gegenteil gut, ab und an das Erreichte zu betrachten und sich Ziele für kommende Zeiten zu setzen. Da kann man auch schon mal feststellen, dass der Wunsch nach neuen Herausforderungen besteht, es vielleicht nicht mehr der richtige Arbeitgeber oder das richtige Einsatzgebiet ist oder das Aufgabenprofil und die eigenen Qualifikationen nicht mehr passen.

Schwerwiegender wird es aber, wenn Selbstzweifel alle Überlegungen überlagern, die Betroffenen lähmen und ihre Arbeit und Motivation hemmen. Dann braucht es rasch eine Lösung. Das geht dann auch Vorgesetzte, Teamleiter, Personalverantwortliche oder Geschäftsführer an. Denn sie müssen den Betroffenen Hilfe anbieten, da sie von selbst oft nicht mehr aus dieser Spirale herauskommen.

Manchmal ist die Ursache tatsächlich eine Überforderung. Die Betroffenen haben Aufgaben übernommen, denen sie nicht gewachsen sind oder die sie aufgrund ihrer fachlichen oder persönlichen Kompetenzen und Leistungsfähigkeit oder mangels Erfahrung gar nicht übernehmen können. Hier liegt es vor allem an den Vorgesetzten, dies zu erkennen, zu korrigieren und dadurch das Problem gemeinsam schnell zu lösen.

Perfektionismus als Ursache

Oft ist aber ein ausgeprägter Hang zum Perfektionismus die Ursache für Selbstzweifel. Ein hoher Anspruch – immer das Beste zu geben – kann einerseits enorm motivieren. Wenn am Ende aber immer der nicht erreichte oder nicht erfüllte Teil der Aufgabe im Zentrum der Beobachtung steht, wird die erbrachte Leistung niemals den eignen Ansprüchen genügen. Übertriebene Perfektion kann alles Erreichte zunichtemachen und die Betroffenen traurig machen und blockieren.

Dabei handelt es sich oftmals um reine Selbstkritik und nicht um Kritik von außen. In solchen Fällen stimmen Fremd- und Selbsteinschätzung (Fremdbild und Selbstbild) nicht überein. Die Beschäftigten wissen gar nicht mehr, was sie wirklich leisten können, sie erkennen ihre Kompetenzen nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Manche glauben von sich selbst, dass sie Kompetenzen nur vortäuschen. Fachleute sprechen dann vom so genannten Hochstapler-Syndrom. Bei den Betroffenen geht mit der Unzufriedenheit über sich selbst und mit den Zweifeln oft die Angst einher, irgendwann als Scharlatan entlarvt zu werden. Das erzeugt zusätzlich Druck.

Wie kann nun eine Lösung aussehen? – Hier ein paar Tipps:

– Tagebuch führen: Einige Menschen führen ein so genanntes Danke-Tagebuch. Dort tragen sie alles ein, was sie erledigt und erreicht haben. Positive Dinge, für die ich im Rückblick am Ende des Tages dankbar bin, sie geschafft zu haben. Ein abgeschlossenes Projekt, ein erreichter Meilenstein, die Zusage eines Kunden oder Bewerbers? Hervorragend, tragen Sie es in Ihr Tagebuch ein. Der Kunde hat sich für die Ausführung bedankt? Wunderbar, notieren Sie das zusätzlich. Auch gute Erlebnisse aus dem privaten zwischenmenschlichen Bereich geben Gelegenheit für eine Eintrag: Ein freundliches Lächeln der Bedienung im Vorrübergehen, die Blume, die aus dem Samen sprießt. In schwierigen Zeiten können sich Betroffene damit immer wieder – und zwar buchstäblich – vor Augen halten, dass es genügend Gründe gibt, auf sich, die eigene Leistung und das eigene Leben stolz zu sein und die andauernden Selbstzweifel beiseite zu schieben.

– Was ist wirklich wichtig? Im ZEIT Magazin Anfang Juni erschien ein Beitrag über Mut. Was die Mutigen der Welt ausmache, sei „sicher nicht das gute Betragen, nicht das Angepasste und Angenehme und oft nicht einmal eine übermäßig sympathische Ausstrahlung.“ Das sei auch gar nicht notwendig. Denn was die Mutigen ausmache, sei „die positive Zuversicht, dass die Welt ein besserer, menschlicherer Ort werden kann“. Bei der Arbeit ist das nicht anders. Viele, die an sich selbst zweifeln, legen falsche Schwerpunkte. Sie fragen sich, ob die Krawatte richtig sitzt, dabei überzeugen sie nicht als Model, sondern als genialer Kopf und mit guter Persönlichkeit.

– Belohnen Sie sich: Betroffene übermäßiger Selbstzweifel sind oft abhängig von externen Rückmeldungen und Belohnungen. Wenn Sie nicht über den grünen Klee gelobt werden, halten sie sich für Versager und (siehe oben) Hochstapler. Hier kann man an die Vorgesetzten appellieren, ihrer Zufriedenheit auch bewusst Ausdruck zu verleihen, z.B. durch professionelles regelmäßiges Feedback – und dadurch die Mitarbeiter zu stabilisieren. Bleibt diese externe Rückmeldung aus, belohnen Sie sich trotzdem. Sie haben etwas geschafft und zum Beispiel ein Projekt erfolgreich zu Ende gebracht. Dafür dürfen Sie sich etwas gönnen: Ein leckeres Essen, ein Kinobesuch, Wellness zur Entspannung oder einfach einen Tag freinehmen, um aus dem Hamsterrad von Druck und Anspruch herauszukommen.

Personalführung und Personalberatung sind wichtig

– Sprechen Sie darüber: Wie oben geschrieben, führen Selbstzweifel schnell zu einem Teufelskreis: Hochstapler-Syndrom, Angst, schweigen, sich zurückziehen… Durchbrechen Sie diesen Kreis und sprechen Sie mit Freunden oder anderen Bezugspersonen darüber. Führungskräfte, Teamleiter und Personalverantwortliche sollten ihrerseits das Gespräch suchen, wenn sie merken, dass der/die Mitarbeiter/in mit den eigenen Leistungen oder dem Arbeitsfeld unzufrieden ist oder Symptome wie Niedergeschlagenheit oder Traurigkeit regelmäßig zeigt.

– Und wichtig: Fehler sind menschlich. Natürlich sollen – bei uns im Unternehmen – Ingenieuren und Beratern vor allem in technisch sensiblen Bereichen wie Fahrzeugbau, Maschinenbau, Mechatronik oder Optik keine Fehler passieren. Dennoch bleiben Fehler eine menschliche Schwäche. Das müssen wir akzeptieren. Unser Anspruch bleibt dabei sehr hoch. Und unsere Kunden schätzen diesen hohen Anspruch. Aber wenn einem dann doch einmal ein Fehler unterläuft, ist das kein Manko für ein gesamtes Berufsleben. Wir haben in unseren Prozessen und Projekten sehr viele Kontrollmechanismen und Gegenchecks mehrerer Fachleute eingebaut, damit solche Fehler, wenn sie denn überhaupt einmal passieren, entdeckt werden. Auslöser für schwerwiegende Selbstzweifel müssen sie nicht werden.