Erfolgreiche Personalführung durch authentische Wertschätzung

Gibt es die optimale Personalführung?

Wie sieht sie aus, und was muss man als Führungsperson, Teamleiter, Personalchef oder Geschäftsführer tun, um im Ringen um qualifizierte Arbeitskräfte die Belegschaft zusammenzuhalten? – Diese Fragen kamen mir in den Sinn, als ich vor kurzem in der ZEIT einen Artikel über „Servant Leadership“ gelesen habe, über das „Dienende Führen“. Als Beispiel präsentierte der Artikel die Geschäftsführerin eines Hotels, die sich sehr stark für das Wohl ihrer Mitarbeiter einsetzt und das dann als so genanntes Dienendes Führen bezeichnet.

 

Die optimale und richtige Art der Mitarbeiterführung hängt vom Unternehmen, der Branche, Arbeitsstruktur und natürlich auch von der Persönlichkeit der führenden und geführten Personen ab. Deshalb sehe ich das „Dienen“ als Führungsmerkmal kritisch. Wenn die Chefin den Diener macht (so lautet auch die Überschrift des Artikels), verbeugt sie sich. Dadurch ist sie aber nicht mehr auf Augenhöhe mit den Angestellten, sondern darunter.

 

Wer wirklich führen will, kann nicht Diener sein

 

Im Pferde-gestützten Coaching für Führungskräfte machen wir in solchen Fällen dann folgende Beobachtungen: Das Pferd erkennt meine Stellung, sobald ich mich vor ihm klein mache, es spürt dann die eigene Dominanz, beim Mitarbeiter ist das ähnlich. So kann Führung nachhaltig nicht funktionieren. Das Pferd, je nachdem wie „lebendig“ es ist, nutzt das sofort aus. Wichtig für mich ist bei der Führung vielmehr, authentisch zu sein; sich also weder als scheinbar überragender und führender Herrscher, noch als Diener zu sehen und zu verhalten.

 

Dienen, um zu führen, das ist – nimmt man es wörtlich – ein kritischer Weg. Für mich ist eher die Wertschätzung der Menschen der Schlüssel zum Erfolg in Personalführung und Personalentwicklung. Ein Teil davon ist es zu fragen, wie es einem Mitarbeiter geht – wenn ich zum Beispiel weiß, dass er gerade krank oder im Urlaub war, oder dass er in einer schwierigen Zeit mit den Kindern ist oder sonst ein privates Problem hat, das ihn belastet. Aber auch positive Dinge: Ein Sieg beim Sport, eine neue Wohnung – dann interessiert es mich. Durch diese Achtsamkeit Menschen gegenüber erfahren wir Wertschatzung. Es ist mir wichtig, dass es meinen Leuten gut geht. Nicht nur, weil zufriedene, engagierte und gesunde Fachleute einen besseren Job machen und somit für erfolgreiche Projekte und damit für höhere Zufriedenheit unserer Kunden sorgen, sondern auch aus echtem Interesse an den Menschen.

 

Wertschätzung und Achtsamkeit gehören zur Führung

 

Ich kenne Fälle, in denen Beschäftigte 25 oder gar 30 Jahre für einem Betrieb arbeiten und die Führungskraft zu diesem Anlass nicht einmal gratuliert. Das zeugt nicht nur von mangelnder Wertschätzung und Achtsamkeit (und mangelnder Kompetenz in der Personalführung), sondern erhöht bei jedem Mitarbeiter die Unzufriedenheit und Wechselbereitschaft. Das kann und sollte sich heute kein Unternehmen mehr leisten.

 

Wertschätzung zu leben und zu zeigen ist ein wichtiger Teil von guter Personalführung – sie ist aber nicht die Führung an sich. Es gehört mehr dazu. Sensibel und offen zu sein für die Nöte der eigenen Leute und gleichzeitig die Hierarchie der Führung zu erhalten, ist oft ein Spagat. In der Coaching-Zusammenarbeit mit Pferden zeigt sich immer sehr schnell, wer das kann und wer nicht; und auch, wer sich in einer solchen Führungsposition unwohl fühlt, es sich aber bisher nicht zu zeigen getraut hat. Pferden kann man nichts vormachen. Sie spiegeln uns zurück, wie wir sind und wirken. Dann können wir daran arbeiten, denn Führung kann man lernen.

 

Ich habe in über 30 Jahren Unternehmensberatung viele Strukturen und Führungsmodelle erlebt und weiß, dass vieles Einfluss hat und in Industrie, im öffentlichen Dienst oder in kreativen Bereichen sicher verschiedene Regeln und Rahmenbedingungen gelten. Gerade in Kreativ-Branchen wird oft ein sehr freundschaftlicher, fast familiärer Ton mit Duz-Kultur gepflegt. Das muss nicht schlecht sein, aber wenn sich alle duzen, verschwimmen oft die Linien zwischen Führung und Verantwortung auf der einen Seite und Mitarbeit auf der anderen. Ich habe immer die Sie-Ansprache gepflegt und mag sie nach wie vor.

 

Richtig gemacht baut das Siezen keine Hürden auf.  Auch im „Sie“ kann man seine Mitarbeiter und ihre jeweiligen Herausforderungen kennen und ihnen wertschätzend und helfend zur Seite zu stehen – und gleichzeitig klare Forderungen und Erwartungen kommunizieren. Nicht im „Befehlston“, das sagt auch die Hotelchefin in dem ZEIT-Beitrag, aber klar in der Ansage.

 

Führen braucht Verbindlichkeit und Sicherheit

 

Wenn Führungskräfte an ihrer Führungsaufgabe scheitern, dann manchmal auch, weil diese Rollen nicht geklärt sind oder sie sich schwertun, ihren Teams und Mitarbeitern klare Ansagen zu machen und damit auch klare Antworten zu liefern. Der beste Chef, die beste Chefin ist jemand, der klar und verbindlich kommuniziert und vom Gegenüber auch Verbindliches erwartet; und notfalls einschreitet und verbindlich mahnt oder kündigt, wenn das Gegenüber die Spielregeln nicht einhält. Das ist nicht schön, gehört aber zu einer gelingenden Personalführung dazu.

 

All das kann man lernen und üben. Sich dabei beraten und begleiten lassen, ist sehr hilfreich. Wichtig ist immer, dass man die jeweilige für das Unternehmen und die Branche passende Form von Führung findet und auch wirklich übernehmen will. Hohe Wertschätzung und Achtsamkeit gegenüber den Mitarbeitern und gegenüber sich selbst ist dabei ein wichtiger Baustein. Diese Bausteine bei gleichzeitig hoher Zufriedenheit und geringer Fluktuation in unternehmerischen Erfolg umzusetzen, ist die Aufgabe von Betrieben und Führungskräften. Das lohnt sich für alle Beteiligten.

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