Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) berichtete vor einigen Wochen über die Karriere-Plattform LinkedIn und welche Bedeutung die Postings dort für Mitarbeiter-Recruiting haben. Gerade in Zeiten, in denen die Zahl freier Stellen die Zahl der Bewerber bei weitem übersteigt und qualifizierte und motivierte Beschäftigte unter potenziellen Arbeitgebern wählen können, ist die Präsenz auf Karriere-Plattformen enorm wichtig.
Das gehe sogar so weit – heißt es in dem Beitrag – dass „Firmen vermehrt versuchen, ihre Angestellten als Werbebotschafter einzuspannen“. Also als Arbeitnehmer aktiv und reichlich posten und positiv über den Arbeitgeber berichten. Viele Unternehmen hätten „erkannt, dass sie ihre Visibilität auf LinkedIn massiv erhöhen könnten, wenn ihre Mitarbeiter dort aktiv seien“ zitiert der Beitrag einen Marketingexperten.
Tatsächlich posten auch meine Mitarbeiter(innen) und ich mehr oder weniger regelmäßig auf LinkedIn. Das gibt uns – der cigus GmbH – eine etwas erhöhte Sichtbarkeit, ist aber zugegeben nicht wirklich strategisch angelegt. Neue Fachleute gewinnen wir dennoch. Allein in diesem Jahr haben wir mehr als 20 neue Beschäftigte eingestellt – zum Teil von Wettbewerbern übernommen, zum Teil über LinkedIn oder auch XING gefunden. Viele bewerben sich allerdings auch von sich aus, weil sie über andere Wege von uns erfahren und Positives über uns hören oder in der Presse lesen. Das freut mich natürlich.
Der persönliche direkte Kontakt ist entscheidend
Um neue Mitarbeiter zu gewinnen, gehen wir aber noch andere Wege. Einer davon hat durchaus mit unseren bestehenden Beschäftigten zu tun. Nur dass ich sie nicht für LinkedIn-Postings einspanne. Sondern ich bitte sie regelmäßig um Empfehlungen, wenn sie jemanden kennen, der oder die sich einen Wechsel in unser Unternehmen und in spannende technische Projekte vorstellen kann. Ob sie diese Menschen schon lange kennen, auf einem Kongress, bei einer Fortbildung oder auf einer Party kennenlernen, das ist erst einmal nicht so sehr entscheidend. Wichtiger ist, dass sie einen guten ersten persönlichen Eindruck haben.
Die persönliche Ansprache sowie persönlich ausgetauschte Erfahrungen und Wissen über eine Firma wie unsere und unsere Ingenieur- und Technologie-Branche hat erfahrungsgemäß einen höheren Stellenwert. Was auch ganz zu unserem Profil passt, denn das persönliche Miteinander ist in unserer Firma mitentscheidend für unseren Erfolg und für die Zufriedenheit der Kunden und auch jedes einzelnen Mitarbeiters. Wir sind nicht nur an einem Ort tätig, sondern haben neben unserer Zentrale in Ulm Technische Büros in Aalen und Königsbronn, außerdem arbeiten viele unserer Ingenieure, Entwickler und Technischen Leiter regelmäßig im Homeoffice oder als Berater beim Kunden vor Ort. Wir möchten, dass sich alle in ihrem Job und ihrem jeweiligen Umfeld wohlfühlen und so eine Basis für gute Arbeit haben. Das persönliche Miteinander spielt dabei eine große Rolle – nicht nur in virtuellen Konferenzen.
Neue Mitarbeiter: Prämien für erfolgreiche Empfehlungen
Darum frage ich auch direkt unsere Beschäftigten, ob sie qualifizierte und motivierte Leute kennen, die zu uns passen könnten. Das Bemühen der Einzelnen honorieren wir mit einer Erfolgsprämie in zwei Schritten: einen ersten Teil gibt es, wenn mit dem vermittelten potenziellen Arbeitnehmer ein Vertrag zustande kommt. Den zweiten Teil gibt es nach erfolgreicher Probezeit. Damit erhöhen wir die Wahrscheinlichkeit für ein gelungenes Onboarding. So haben alle Beteiligten etwas davon, und zugleich unterstreicht die Honorierung in mehreren Schritten die Bedeutung und Ernsthaftigkeit des Ansinnens. Bis zu 1.000 Euro Prämie sind so drin.
Lustlose oder nur halb ernst gemeinte Bewerbungen können wir auf diese Weise weitgehend vermeiden. Und im Extremfall gelingt es uns schnell die Spreu vom Weizen zu trennen… Da höre ich von anderen Firmen schlimmere Berichte, etwa dass Bewerber sich lange bitten lassen, sich nicht entscheiden können oder selbst nach unterschriebenem Vertrag einfach am ersten Arbeitstag nicht erscheinen und gleich wieder kündigen. Mit der persönlichen Empfehlung und unserem strukturierten Auswahlprozess fahren wir dagegen sehr erfolgreich, auch wenn bei uns und unseren Kunden der Bedarf an Fachkräften häufig höher ist als das Angebot auf dem Arbeitsmarkt.
Erfolgsfaktoren: Reale Netzwerke und authentischer Austausch
In jedem Falle machen wir uns als Ingenieur-Unternehmen die direkte Ansprache potenzieller Mitarbeiter zunutze. Wir legen damit Wert auf unsere guten eigenen Netzwerke. Dazu zählt der regelmäßige Erfahrungs- und Wissensaustausch mit anderen Firmen, mit Verbänden wie bei uns zum Beispiel mit dem Cluster Nutzfahrzeuge, dessen Beirat sowie die Arbeitsgruppe Aus- und Fortbildung ich leite. Letztlich sind Empfehlungen durch die eigenen Mitarbeiter auch nichts anderes als Arbeit in und mit (deren) Netzwerken.
Auch mir persönlich ist dieser direkte menschliche und fachliche Austausch immer lieber als Serien von Postings bei LinkedIn oder anderen Karriere-Plattformen. Für mich hängt erfolgreiche Personalbeschaffung immer auch mit der Authentizität des Arbeitgebers und dessen Mitarbeiter zusammen. Im Beitrag der NZZ heißt es über die neue LinkedIn-Methode: „Mitarbeiter werden so zu einer Art Cheerleader ihres Arbeitgebers.“ Das wiederum macht äußerlich vielleicht viel her, ist aber aus meiner Sicht nicht authentisch. Ich bleibe daher lieber bei unseren Methoden, mit denen wir auch in einer digitalen Welt auf einem recht analogen Weg sehr gute Arbeitskräfte gewinnen.